Irish Songs mit „Geraldine MacGowan & Band“
Donnerstag, 30. März 2006, 19.30 Uhr, Bürgerhaus Ortenberg
Es gibt nur wenige irische Frauenstimmen, die in den deutschsprachigen Ländern in den letzten 30 Jahren mehr Gehör gefunden haben, als die von Geraldine MacGowan. Zunächst kennt man Geraldine aus den Siebzigern als die Stimme der exquisiten OISIN, seit Mitte der Neunziger auch als Solo-Künstlerin mit eigener Band. Irische Musiker scheinen immer diesen Drang zu haben, unterwegs zu sein, die Welt zu entdecken und ihr überschäumendes Lebensgefühl mit ihrer Musik in die Welt hinauszutragen. Geraldine und ihre „Lads“ sind mit offenen Augen und Ohren unterwegs, wobei sie manche musikalische Entdeckung gemacht und diese in ihr Repertoire integriert haben. Das neue Jahrtausend brachte aber eine so brennende Sehnsucht nach der Heimat, dass sie nur durch die Rückkehr auf die „Grüne Insel“ zu stillen war. Diese war auch die Geburtsstunde des neuen Albums „Somewhere along the road“ und eine Erneuerung der Band. Kaum wieder zu Hause traf Geraldine in den Clubs und bei Sessions junge Musiker, die sie begeistert und inspiriert haben. Als Konsequenz daraus hat sie ihr Ensemble vom Trio zum Quartett erweitert und ein komplett neues Programm erarbeitet. Es ist wie immer ein Mix aus zeitgenössischen Songs, die auf eine „irische“ Art und Weise arrangiert werden und Traditionals, die einen zeitgenössischen Dreh verpasst bekommen.
Vorverkauf : € 12,00 (M. Meuser, Tel. 06046-7130)
Abendkasse: € 15,00
Text von Inge Müller
(Kreis-Anzeiger)
Geraldine MacGowan in Ortenberg
ORTENBERG (mü): Sie kommt aus dem Land der Freiheitsliebe und der großen Gefühle, der Feen und Helden, der Jahrtausende alten Mythen und der zeitlos schönen Melodien, aber auch der bis auf den heutigen Tag schwelenden Konflikte. Sie verleiht ihren „Timeless Songs“, ihren zeitlosen Liedern, eine Fülle von Klangfarben: rau und lieblich, sinnlich und unschuldig, abgeklärt und sehnsuchtsvoll, melancholisch und voll überströmender Lebensfreude. Weit über das grüne „Eire“ hinaus hat sich Geraldine MacGowan (Gesang, Bodhrán/irische Rahmentrommel) als „Goldene Stimme Dublins“ einen Namen gemacht – zunächst als Frontfrau der Folkband „Oisín“, später als Solistin, im Duo mit ihrem virtuosen Musikerkollegen Brian O’Connor (Flute, Whistles, Low Whistles) und schließlich mit eigener Band.
Auf Einladung des Kulturkreises Altes Rathaus Ortenberg und herzlich begrüßt vom ersten Vorsitzenden Manfreud Meuser gab die „Geraldine MacGowan Band“ jetzt im exzellent besuchten Bürgerhaus das erste Konzert ihrer Deutschland Tournee, die das Quartett von Osnabrück bis Garmisch-Partenkirchen, von Emden bis Backnang führen wird. Neben dem in Deutschland lebenden begnadeten Brian O’Connor, der nach dem Konzert mit Unterrichts-Anfragen bestürmt wurde, wirkten am Gelingen des Abends wesentlich mit: Éamonn de Barra, der junge Produzent der Band (Background, Piano, Flute, Bodhrán). Er stammt aus einer der großen Musikerfamilien Irlands, wurde in seiner Heimat zum "Jungen Musiker des Jahres 2000" gewählt und hat neben Deutschland bereits Japan und die USA bereist. Donogh Hennessy (Background, Gitarre) begleitete Geraldine MacGowan an diesem Abend als Gast. Er ist Gründungsmitglied der irischen Gruppe "Lúnasa" und bereichert viele weitere Band-Projekte mit seiner akustischen Gitarre, die sich unter seinen Händen abwechselnd in einer Laute oder eine Harfe zu verwandeln scheint.
Im Licht von Kerzen, bei einem Glas Tullamore Dew Whiskey oder dunklem Kilkenny Irish Beer sowie stilechtem Irish Stew für den abendlichen Appetit genoss das Ortenberger Publikum eine Zeitreise von den traditionellen, keltisch beeinflussten Klängen Irlands bis zum tänzerischen Reel, Jig oder Slide, von der mystischen Ballade bis zur atemberaubenden Kür der Flöten und Pfeifen, die Brian O’Connor zelebrierte. Wann immer Geraldine MacGowan und Éamonn de Barra zur Bodhrán griffen, zuckte es wohl jedem im Saal in den Beinen, wurde unter den Tischen genauso wie auf der Bühne gestampft und gesteppt.
Dabei fächerte man, dem Bogen der aktuellen CD „Somewhere Down the Road“ folgend, die großen Themen der irischen Lieder – Liebe und Untreue, Leidenschaft und Kampf, Leben und Vergänglichkeit – in all ihrer Vielfalt auf. Und wenn es stimmt, dass die Götter den Iren bei der Vergabe der Zeit eine besonders große Portion zugeteilt haben – hier war dieser „andere Umgang“ mit Minuten und Stunden zu spüren: Da wurde ein Augenblick zur Ewigkeit, wenn Geraldine MacGowan in das andächtige Schweigen des Publikums hinein „She Moved Through the Fair“ erklingen ließ, à capella, nur getragen von ihrer eigenen Stimme. Da schaute man im Titelsong „Somewhere Down The Road“ gemeinsam mit einer alten Frau auf ein langes Leben zurück, das sogar jetzt noch, im Alter, die Hoffnung auf Liebe in sich birgt: „Irgendwo entlang dieser Straße wartet jemand auf mich.“ Da wurde mit Entschiedenheit der Eifersucht („Jealousy“) die Tür gewiesen, mit Sehnsucht einer Jugendliebe gedacht („My Lover in Erin“), mit Schmerz eine verbotene Leidenschaft verabschiedet („Go From My Window“) und mit einem Lächeln ein junger Mann begrüßt, der nach Beziehungs- und Alkoholproblemen wieder unter den Lebenden weilt („Back Smiling Again“).
„Change The Mood! – Wechselt die Stimmung!“ gab Geraldine MacGowan sich und ihren Zuhörern immer wieder als Motto vor, die Musiker folgten ihr mühelos und begeistert – schon fand man sich in einem anderen Zeitalter, einer ungewohnten Vision, einer veränderten Taktart wieder. Herausragend versteht sich vor allem Brian O’Connor darauf, mit seiner speziellen Technik, die nicht nur die Finger, sondern auch Atmen und Zunge einsetzt, den traditionellen irischen Stil durch Staccato, Überblasen der Töne und eine ganz eigene, atemberaubende Dynamik zu variieren. Auch das Repertoire der Gesamtband beschränkt sich keineswegs auf Traditionals. Hinzu kommen Anleihen bei modernen Songwritern wie Bruce Cockburn und Kieran Halpin, Themen wie Einsamkeit, Resignation an der Kälte einer anonymen Gesellschaft („Border Town“), Kampf gegen das Vergessen („Someone I Used To Love“). „Die Themen sind zeitlos“, so die liebeswürdige Geraldine MacGowan im persönlichen Gespräch. „Sie sind nur immer wieder neu und anders formuliert worden, denn es sind die zentralen Fragen, die alle Menschen aller Zeiten interessieren. Genau deshalb kann sich jede und jeder in der irischen Musik wieder finden – ob das Lied nun aus dem vorigen Jahrzehnt oder dem vergangenen Jahrtausend stammt.“
Sie liebe Ortenberg, das man bereits zum dritten Mal besuche, ergänzte Geraldine MacGowan. Und natürlich beabsichtige sie noch lange auf der Bühne zu stehen, gibt die selbst zeitlos jung wirkende Sängerin, Mutter und Großmutter einer Enkelin zu Protokoll, die sich während ihrer langjährigen Karriere bewusst immer wieder Auszeiten nahm, um sich ganz ihrer Familie oder ihrer Kreativität zu widmen. Schöpferische Pausen, die sich ausgezahlt haben: Geraldine MacGowan ist heute besser denn je und „still young at heart“ – immer noch jung im Herzen. Die Zuschauer es dankten der Künstlerin und ihrer Band mit überschwänglichem Applaus
zurück
|